top of page
Suche

Soll- vs. Ist-Versteuerung


Es geht mal wieder um eines unserer Lieblingsthemen - die Umsatzsteuer.

Habt ihr euch auch schon immer gefragt, welche Umsätze ihr eigentlich in eurer Umsatzsteuervoranmeldung angeben müsst?

Die laut geschriebenen Rechnungen oder die, die auf eurem Konto schon eingegangen sind, oder doch etwas ganz anderes?

Und was hat es eigentlich bei dem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung mit dieser ominösen Frage nach der Soll- oder Ist-Versteuerung auf sich?

Wie das alles zusammenhängt, erklären wir euch im Folgenden.


Eins schon mal vorab: die Entscheidung für oder gegen die Soll- oder Ist-Versteuerung hat ziemliche Bedeutung.

So, genug geteasert, nun zu den harten Fakten.

Mit der Wahl der Soll- oder Ist-Versteuerung entscheidet sich, zu welchem Zeitpunkt ihr die Umsatzsteuer für eure Umsätze abführen müsst.


Soll-Versteuerung: Der Regelfall


Wie immer gibt es im Steuerrecht einen Regelfall: hier ist es die Soll-Versteuerung.

Normalerweise ist es nämlich so, dass die Umsatzsteuer auf eure Umsätze mit Ablauf des Kalendermonats, in dem ihr die Leistung erbracht habt, entsteht.


Ihr ahnt es schon: hiervon gibt es Ausnahmen.

Eine Ausnahme bilden beispielsweise Leistungen ins Ausland, egal ob EU oder nicht.


Nun aber erstmal zurück zum Regelfall.

Der Einfachheit halber gehen wir hier heute für alle Beispiele davon aus, dass ihr monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben müsst.

Stellt euch vor, ihr erbringt im Januar 2021 eine Leistung und schreibt dafür ganz vorbildlich sofort im Januar 2021 eine Rechnung über 1.000 € netto zuzüglich 190 € Umsatzsteuer.

Die Umsatzsteuer von 190 € entsteht also mit Ablauf des Monats Januar 2021.

Folglich müsst ihr die 190 € in der Voranmeldung für Januar 2021 unterbringen.

Wenn euer Kunde erst im Mai 2021 bezahlt, ist es für euch suboptimal gelaufen.

Denn die Zahlung hat überhaupt keine Auswirkung darauf, dass ihr trotzdem diese 190 € mit eurer Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Januar 2021 an das Finanzamt überweisen müsst.

Ihr streckt für euren Kunden die Umsatzsteuer gewissermaßen vor.

Das kann natürlich zu Liquiditätsproblemen führen.

Die möchte nun wirklich keiner haben, aber keine Panik, wir haben bereits eine Lösung für euch parat: die Ist-Versteuerung.


Ist-Versteuerung: Die Vereinfachungsregel


Bei der Ist-Versteuerung müsst ihr das Geld nämlich nicht schon, wie oben erklärt, mit der Umsatzsteuervoranmeldung für Januar 2021 an das Finanzamt abführen.

Entscheidet ihr euch für die Ist-Versteuerung, müsst ihr die Umsatzsteuer erst an das Finanzamt abführen, wenn ihr das Geld auch tatsächlich von eurem Kunden erhalten habt.


Bleiben wir bei dem vorherigen Beispiel und zahlt der Kunde erst im Mai 2021, müsst ihr die Umsatzsteuer auch erst mit der Voranmeldung für Mai 2021 an das Finanzamt entrichten.

Ihr müsst hier also nichts vorfinanzieren und schont eure Liquidität.

Das klingt doch schon mal prima.

Und es wird noch besser.


Vorsteuerabzug


Der Vorsteuerabzug, der euch für Leistungen, die an euch erbracht werden, zusteht, ist davon nämlich komplett unabhängig.

Hier gibt es keine Sonderregelung, sondern es funktioniert immer gleich - mit Ausnahme von ganz bestimmten Konstellationen, vor allem mit Auslandsbezug.

Die Vorsteuer könnt ihr entweder abziehen, sobald ihr eine ordnungsgemäße Rechnung in den Händen haltet und die Leistung an euch erbracht wurde.

Oder wenn die Leistung noch nicht erbracht wurde, ihr aber schon bezahlt habt.

Kurz zusammengefasst: Rechnung und Leistung oder Rechnung und Zahlung gleich Vorsteuerabzug.


Antrag auf Ist-Versteuerung: 3 Anwendungsfälle


Nach der Aufzählung der ganzen Vorteile fragt ihr euch jetzt bestimmt:

wie kann ich die Ist-Versteuerung beantragen und wann kann ich das machen?

Denn die Soll-Versteuerung bildet ja den Regelfall.

Daher wendet das Finanzamt natürlich erstmal die Soll-Versteuerung an.

Der Grund ist ganz einfach und logisch: bei der Soll-Versteuerung bekommt das Finanzamt früher das Geld.

Die Ist-Versteuerung müsst ihr folglich extra beantragen.

Den Antrag auf Ist-Versteuerung könnt ihr in drei verschiedenen Fällen stellen.


Alternative 1: keine Buchführungspflicht

Als Einzelunternehmer oder GbR seid ihr nicht buchführungspflichtig, wenn ihr einen Umsatz von unter 600.000 € und einen Gewinn von unter 60.000 € im Jahr erzielt.

Ihr könnt aber natürlich freiwillig Bücher führen.

Davon hält euch keiner ab aber dann ist das wieder ein anderes Thema.


Alternative 2: Freiberufler

Seid ihr Freiberufler, kommt es auf die Höhe der Umsätze und des Gewinns nicht an.

Ihr könnt in diesem Fall immer einen Antrag auf Ist-Versteuerung stellen.

Das ist also die einfachste Variante.


Alternative 3: Buchführungspflicht und Vorjahresumsatz unter 600.000 €

Hierbei ist die Unternehmensform im Unterschied zur 1. Variante egal.

Es kann sich also beispielsweise auch um eine GmbH handeln.

Diese ist bekanntermaßen buchführungspflichtig.

Beträgt der Umsatz jedoch nicht mehr als 600.000 € pro Jahr, könnt ihr die Ist-Versteuerung beantragen.


Habt ihr bei einer der drei Alternativen laut "JA" geschrien?

Dann herzlichen Glückwunsch!

Ihr könnt einen Antrag auf Ist-Versteuerung stellen.


Antrag auf Ist-Versteuerung: Zeitpunkt und Form


Den Antrag auf Ist-Versteuerung könnt ihr am einfachsten direkt in dem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung stellen.

Dafür setzt ihr einfach das Kreuzchen bei der Ist-Versteuerung.


Aber keine Panik, falls ihr das nicht gemacht habt oder erst später unter einen der drei oben genannten Fälle fallt - ihr könnt das nämlich immer noch im Nachgang erledigen.

Dafür schreibt ihr dem Finanzamt am einfachsten einen Brief und beantragt die Ist-Versteuerung.

Wer es ganz oldschool mag, kann den Antrag auch mündlich bei dem zuständigen Sachbearbeiter stellen.

Wichtig ist, dass das Finanzamt eurem Antrag erst zustimmen muss, bevor ihr die Ist-Versteuerung anwenden dürft.


Die Zustimmung wird euch durch ein höchstoffizielles Bewilligungsschreiben vom Finanzamt erteilt.

Darin steht, dass die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten bewilligt wird.

Haltet ihr dies in den Händen, seid ihr auf der sicheren Seite und könnt ganz entspannt die Ist-Versteuerung anwenden.

Packt euch das Schreiben für den Fall der Fälle schön zur Seite.


Den nachträglichen Antrag auf Ist-Versteuerung könnt ihr im Übrigen stellen bis euer Umsatzsteuerbescheid für das betreffende Jahr rechtskräftig geworden ist.

Danach kann die Ist-Versteuerung nur noch für das nächste Jahr beantragt werden.

Also macht euch hierüber am besten frühzeitig Gedanken.


Umsatzsteuerjahreserklärung


Ganz zum Schluss ist noch wichtig, dass ihr auch im Rahmen eurer Umsatzsteuerjahreserklärung angebt, ob ihr die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten (Soll-Versteuerung) oder nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Versteuerung) ermittelt.


Dies tut ihr, indem ihr in der Zeile 22/23 im Fall der Soll-Versteuerung eine "1" und im Fall der Ist-Versteuerung eine "2" eintragt.

Das sind zumindest die korrekten Stellen für die Umsatzsteuererklärung 2020.

Schon ist die Sache erledigt.




Hinweis: Bei unseren Videos und Beiträgen handelt es sich nicht um steuerliche Beratung. Auch erheben unsere Videos und Beiträge keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir formulieren hier einfach und verständlich, daher erheben wir auch keinen Anspruch auf steuerrechtlich vollkommen korrekte Begrifflichkeiten. Für steuerliche Beratung wendet euch bitte an euren Steuerberater.




104 Ansichten0 Kommentare

Ähnliche Beiträge

Alle ansehen

Comments


bottom of page