Wir haben heute Großes mit euch vor, denn wir wollen mit einem Mythos des Steuerrechts aufräumen.
Bei uns dreht sich nun alles um den umsatzsteuerlichen Kleinunternehmer.
Wenn ihr euch selbstständig machen möchtet und insbesondere, wenn ihr das nebenberuflich möchtet, taucht bei der Gründung immer wieder der Begriff "Kleinunternehmerregelung" auf.
Hier gibt es erfahrungsgemäß viel Verwirrungspotenzial.
Der Kleinunternehmer wird nämlich oftmals mit Kleingewerbe verwechselt.
Diese beiden Dinge haben jedoch überhaupt nichts miteinander zu tun.
Daher gehen wir nun dem Phänomen des Kleinunternehmers auf den Grund.
Einordnung
Die Kleinunternehmerregelung ist eine besondere Erleichterung im Bereich der Umsatzsteuer.
Mit Einkommen- oder Gewerbesteuer hat das überhaupt gar nichts zu tun.
Gesetzlich geregelt ist die Kleinunternehmerregelung in § 19 UStG.
Wann kann ich Kleinunternehmer sein?
Ihr wollt in den Genuss der Kleinunternehmerregelung kommen?
Dann müsst ihr zunächst mal umsatzsteuerlicher Unternehmer sein.
Zudem müsst ihr in Deutschland ansässig sein.
So weit, so einfach.
Jetzt geht es ans Eingemachte, denn ihr braucht ebenfalls verhältnismäßig geringe Umsätze.
Gering bedeutet in diesem Zusammenhang, im ersten Schritt ganz grob gesagt, maximal 22.000 € pro Jahr.
Rechtsfolgen der Entscheidung
Was bedeutet diese Entscheidung für oder gegen die Kleinunternehmerregelung eigentlich für euch?
Das wichtigste zuerst: falls ihr euch für die Kleinunternehmerregelung entscheidet, weist ihr in euren Rechnungen keine Umsatzsteuer aus.
Das heißt, ihr führt auch keine Umsatzsteuer an das Finanzamt ab.
Zudem seid ihr von dieser unschönen Pflicht der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen befreit.
Verwaltungsaufwand ade.
Ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Vorteil ist, dass ihr euch keine Gedanken darüber machen müsst, mit welchem Umsatzsteuersatz ihr eure Waren oder Dienstleistungen verkaufen müsst.
Es kann euch total egal sein, ob diese mit 7% oder mit 19 % Umsatzsteuer besteuert werden müssten.
Also alles relativ easy.
Nach den ganzen Vorteilen kommt natürlich noch der Haken an der Sache.
Der Nachteil ist, dass ihr im Umkehrschluss aus den Rechnungen, die ihr erhaltet, keine Vorsteuer ziehen dürft.
Umsatzsteuer vs. Vorsteuer
Falls ihr euch nun fragt: Umsatzsteuer, Vorsteuer - ist das nicht eigentlich das Gleiche?
Hier ein kleiner Exkurs, extra für euch.
Vorsteuer und Umsatzsteuer sind im Grunde tatsächlich das Gleiche.
Der Name wechselt jedoch mit der Perspektive, die man einnimmt.
Wenn ihr kein Kleinunternehmer seid und einfach ganz normale Rechnungen mit Umsatzsteuer schreibt, dann ist die Umsatzsteuer in euren Ausgangsrechnungen die Umsatzsteuer.
Bekommt ihr hingegen Rechnungen von anderen Unternehmern, weisen die in den Rechnungen ja auch Umsatzsteuer aus.
Diese in den Eingangsrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nennt man jedoch Vorsteuer.
Nochmal kurz zusammengefasst:
Ausgangsrechnungen = Umsatzsteuer
Eingangsrechnungen = Vorsteuer
Nun aber zurück zum eigentlichen Thema.
Wenn ihr Kleinunternehmer seid, dürft ihr die Vorsteuer aus den Rechnungen anderer Unternehmer an euch nicht ziehen.
Das bedeutet, ihr bekommt diese nicht vom Finanzamt erstattet.
Damit das klar wird, gibt es dazu ein kleines Beispiel.
Kauft ihr einen Laptop für 1.190 €, dann sind in der Rechnung 190 € Vorsteuer enthalten.
Wärt ihr Regelbesteuerer (also kein Kleinunternehmer), könntet ihr euch die 190 € vom Finanzamt erstatten lassen.
Als Kleinunternehmer geht das nicht.
Ihr bekommt die 190 € also nicht erstattet und seid damit die vollen 1.190 € los.
Damit haben wir die wichtigsten Rechtsfolgen geklärt.
Soll ich Kleinunternehmer sein oder lass ich es lieber sein?
Um nun zu entscheiden, ob ihr die Kleinunternehmerregelung anwenden solltet oder nicht, müsst ihr euch insbesondere über eure Kunden Gedanken machen.
Sind eure Kunden vor allem Unternehmer, die Anspruch darauf haben, aus euren Rechnungen die Vorsteuer zu ziehen, ist es denen total egal, ob in den Rechnungen Umsatzsteuer ausgewiesen ist oder nicht.
Denn die Vorsteuer bekommen sie vom Finanzamt ja wieder erstattet.
Hier macht es also oftmals Sinn auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung zu verzichten.
Denn dann könnt ihr auch aus den Rechnungen an euch die Vorsteuer ziehen.
Das ist liquiditätsmäßig meist vorteilhaft.
Sind eure Kunden jedoch vor allem Privatpersonen, können diese keine Vorsteuer ziehen.
Sie bekommen also vom Finanzamt nichts erstattet.
Stellt euch nun mal vor, ihr seid Personal Trainer und möchtet, dass für eine Stunde Training 100 € bei euch verbleiben.
Seid ihr Kleinunternehmer, schreibt ihr für die Trainingseinheit eine Rechnung über 100 €, bekommt von eurem Kunden 100 € und müsst 0 € Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen.
Seid ihr Regelbesteuerer, schreibt ihr für die Trainingseinheit eine Rechnung über 119 €, bekommt von eurem Kunden 119 € und müsst 19 € Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen.
Der Kunde ist demnach bei der zweiten Alternative mit 119 € belastet, denn er bekommt ja als Privatperson vom Finanzamt nichts erstattet.
Das ist eher suboptimal, denn der Kunde ist in den meisten Fällen preissensibel und zahlt für
die von euch angebotene Ware oder Dienstleistung maximal Betrag X.
Bei Privatkunden kann es folglich Sinn machen die Kleinunternehmerregelung anzuwenden, da ihr dann nicht einen Teil des vereinnahmten Betrages als Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen müsst.
Aber ihr ahnt es schon, denn es gibt bei diesem Konstrukt noch einen Nachteil.
Auf Grund der oben genannten Umsatzgrenze bleibt ihr wahrscheinlich nicht ewig Kleinunternehmer.
Wechselt ihr dann vom Kleinunternehmer zum Regelbesteuerer, müsst ihr eure Rechnungshöhe anpassen, um die gleiche Marge zu behalten.
Darüber sind eure Kunden dann wahrscheinlich auch eher not amused.
Denn sie müssten dann ja plötzlich 19 € mehr zahlen.
Die Alternative ist, dass ihr eure Kundenbeziehung schützt und auf Marge verzichtet.
Dann würdet ihr aus den erhaltenen 100 € die Umsatzsteuer in Höhe von 19 % rausrechnen und im Ergebnis bleiben nur noch knapp 84 € bei euch.
Das ist auch nicht wirklich das Gelbe vom Ei.
Wie müssen die Rechnungen aussehen?
Der wichtigste Punkt ist das Thema "Rechnung".
Ihr führt keine Umsatzsteuer an das Finanzamt ab und daher darf auf euren Rechnungen auch keine Umsatzsteuer oder ein Steuersatz ausgewiesen werden.
Stattdessen wird der Endbetrag einfach ausgewiesen.
Euer Bruttobetrag auf der Rechnung ist also gleich dem Nettobetrag.
Weist ihr trotz Kleinunternehmerregelung Umsatzsteuer auf den Rechnungen aus, seid ihr verpflichtet diese Umsatzsteuer auch an das Finanzamt abzuführen.
Dieses Phänomen nennt sich "zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer".
Also passt hier gut auf, denn zu viel Geld an das Finanzamt abführen möchte nun wirklich niemand.
Zudem müsst ihr auf den Rechnungen angeben, dass ihr Kleinunternehmer seid.
Das ist allerdings vergleichsweise einfach, denn dafür muss die Rechnung nur den Hinweis "Anwendung der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG" enthalten.
Es gibt auch noch ein paar andere Formulierungen, die ihr nutzen könnt.
Hier ist Doktor Google euer Freund und Helfer.
Umsatzsteuererklärung
Glücklicherweise seid ihr als Kleinunternehmer von der Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen befreit.
Eine Umsatzsteuerjahreserklärung müsst ihr leider trotzdem abgeben.
Diese stellt ein Kontrollinstrument für das Finanzamt dar.
Es prüft, ob ihr überhaupt die Kleinunternehmerregelung anwenden dürft oder ob ihr die Umsatzgrenzen bereits gesprengt habt.
Aber keine Panik, ihr müsst neben den Basisangaben zu Name, Adresse und Co. lediglich 2 Felder ausfüllen.
Tragt einfach in Teil B "Angaben zur Besteuerung der Kleinunternehmer (§ 19 Abs. 1 UStG)" die Umsätze des Jahres, für das ihr die Erklärung macht, und die des Vorjahres ein.
Abschicken und schon habt ihr eure Pflicht erfüllt.
Umsatzgrenzen
Wie ihr schon gemerkt habt, ist der Umsatz das allentscheidende Kriterium im Bereich der Kleinunternehmerregelung.
Bedeutend ist die Höhe des Umsatzes.
Hier gibt es zum einen die Grenze von 22.000 €.
Es handelt sich dabei um eine definitive Größe, geschätzte oder voraussichtliche Umsätze interssieren hier erstmal niemanden.
Wichtig ist das, was im Vorjahr wahrhaftig passiert ist.
Ihr dürft im Vorjahr maximal 22.000 € Umsatz erwirtschaftet haben, damit ihr im laufenden Jahr noch Kleinunternehmer sein dürft.
Liegen eure Vorjahresumsätze über 22.000 €, ist es mit der Kleinunternehmerregelung vorbei.
Die Grenze von 22.000 € ist übrigens eine Bruttogrenze.
Nur noch einmal zur Klarstellung, damit es da nicht zu Unklarheiten kommt.
Allerdings ist die 22.000 €-Grenze nur die halbe Wahrheit.
Es gibt nämlich noch eine weitere Grenze: die 50.000 €-Grenze.
Die Grenze von 50.000 € bezieht sich auf das laufende Kalenderjahr.
Ihr könnt beispielweise in 2020 (Vorjahr) einen Umsatz von 19.000 € und in 2021 (laufendes Jahr) von 40.000 € machen und für beide Jahre die Kleinunternehmerregelung anwenden.
Wisst ihr jedoch sicher, dass ihr im laufenden Jahr 70.000 € Umsatz machen und damit die 50.000 €-Grenze reißen werdet, ist es aus mit der Kleinunternehmerregelung.
Die Betonung liegt hier auf dem Ausdruck "sicher wissen".
Denn die Grenze von 50.000 € betrifft den voraussichtlichen Umsatz des laufenden Kalenderjahres.
Ihr müsst also zu Beginn des Jahres eine Prognose abgeben, wie sich das Jahr umsatztechnisch entwickeln wird.
Läuft erstmal alles wie geplant und auf den letzten Metern flattert euch noch ein fetter Auftrag ins Haus, ist das kein Grund zu Sorge.
Denn schließlich kann keiner die Zukunft voraussehen.
Ihr müsst nur glaubhaft nachweisen, warum ihr davon ausgegangen seid, dass euer Umsatz unter 50.000 € liegen wird.
Hier gilt: Dokumentation, Dokumentation, Dokumentation.
Lieber mal ein bisschen mehr Zeit darein investieren eure Annahmen und Prognosen niederzuschreiben.
Dann ist das alles kein Problem und ihr könnt auch trotz des Überschreitens der 50.000 €-Grenze in dem Jahr die Kleinunternehmerregelung anwenden.
Achtung im Folgejahr!
Wir kommen zurück zu unserem obigen Beispiel und dem Umsatz von 40.000 € im Jahr 2021.
Im Jahr 2022 unterliegt ihr dann der ganz normalen Regelbesteuerung.
Denn ihr habt ja die Vorjahresumsatzgrenze von 22.000 € überschritten.
Sprich, ihr müsst ab 2022 Umsatzsteuer auf euren Rechnungen ausweisen, Voranmeldungen tätigen etc.
Macht ihr das nicht, müsst ihr alle Rechnungen nachträglich korrigieren und habt einen Riesenaufwand.
Der Übergang zur Regelbesteuerung ist verpflichtend und zwar ganz unabhängig davon, wie hoch euer Umsatz in 2022 ist.
Folglich führt das einmalige Überschreiten der 22.000 €-Grenze dazu, dass ihr eine einjährige Gnadenfrist habt, in der ihr noch Kleinunternehmer sein dürft.
Wenn ihr die Grenze von 22.000 € nicht überschreitet, könnt ihr die Kleinunternehmerregelung beliebig lange anwenden.
Macht ihr beispielsweise in 2018 einen Umsatz von 15.000 €, in 2019 von 17.000 € und in 2020 von 20.000 €, könnt ihr die ganze Zeit über die Kleinunternehmerregelung anwenden.
Definition des Begriffes Umsatz
Nachdem es nun die ganze Zeit um Zahlen ging, fragt ihr euch bestimmt, was denn eigentlich zum relevanten Umsatz gehört.
Umsatz ist hier in diesem Zusammenhang eigentlich alles, was ihr mit eurer selbstständigen Tätigkeit einnehmt.
Eine Ausnahme bildet der Verkauf von Anlagegegenständen.
Habt ihr euch beispielsweise für eure Tätigkeit einen PC gekauft und verkauft diesen wieder, um euch einen besseren zu kaufen, zählt die Einnahme aus dem Verkauf nicht zum Gesamtumsatz.
Das gilt selbstverständlich nicht, wenn euer Geschäftsmodell der Handel mit PCs ist, denn dann ist der PC ja kein Anlagegut mehr, sondern ein Handelsgut.
Auch bestimmte steuerfreie Umsätze zählen nicht zum Gesamtumsatz.
Das im Einzelnen auszuführen, wäre jedoch an dieser Stelle viel zu kompliziert.
Zeitraum
Wahrscheinlich fragt ihr euch nun, ob die Grenze von 22.000 € auch gilt, wenn ihr mitten im Jahr mit eurer Tätigkeit begonnen habt.
Das ist leider nicht der Fall.
Die 22.000 €-Grenze ist eine Jahresgrenze und bezieht sich auf das gesamte Kalenderjahr.
Bei einem Beginn innerhalb des Jahres müsst ihr die Höchstgrenze anteilig ausrechnen.
Habt ihr beispielsweise am 1. Juli euer Unternehmen eröffnet, rechnet ihr 6/12 von 22.000 €.
Euer Umsatz im Gründungsjahr darf somit 11.000 € nicht überschreiten.
Wie ihr seht, klingt die Kleinunternehmerregelung am Anfang relativ einfach, offenbart dann aber doch ihre Tücken.
Falls ihr euch unsicher seid, sprecht mit eurem Steuerberater, damit ihr nicht ins offene Messer lauft!
Lieber einmal vorher nachfragen und gucken was Phase ist.
Dann könnt ihr im Anschluss ganz beruhigt weitermachen.
Wie wird man Kleinunternehmer?
Jetzt habt ihr ja schon ziemlich viel über das Für und Wider und die Rechtsfolgen der Kleinunternehmerregelung gelernt.
Was aber noch fehlt, ist die Antwort auf die Frage, wie ihr überhaupt Kleinunternehmer werdet.
Also wem ihr wann und wo Bescheid sagt.
Das ist zum Glück ziemlich einfach, da es mehrere Möglichkeiten gibt.
Die erste Entscheidung trefft ihr im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung.
Das ist ein Formular, das ihr relativ am Anfang eurer unternehmerischen Karriere ausfüllt.
Das könnt ihr sogar ganz entspannt online erledigen.
In Abschnitt 7 werdet ihr gefragt, ob Kleinunternehmerr sein wollt oder nicht.
Möchtet ihr das, kreuzt ihr "JA" an.
Möchtet ihr das nicht, kreuzt ihr logischerweise "NEIN" an.
Habt ihr euer Kreuzchen bei "Nein" gesetzt und damit erklärt, dass ihr Regelbesteuerer sein möchtet, hat das eine Bindungswirkung.
Das bedeutet, dass ihr für 5 Jahre an diese Entscheidung gebunden seid.
Also lieber einmal mehr nachdenken, wo ihr das Kreuzchen setzt.
Habt ihr vergessen den Fragebogen auszufüllen, geltet ihr im Regelall erstmal als Kleinunternehmer.
Ihr könnt eure Entscheidung sogar bis zur endgültigen Festsetzung der Umsatzsteuer durch den Umsatzsteuerbescheid noch wechseln.
Allerdings hat das diverse Auswirkungen wie die nun wirklich unangenehme Korrektur der Rechnungen.
Wir hoffen, euch surrt jetzt nicht der Kopf und ihr habt nun den Durchblick bei der Kleinunternehmerregelung!
Hinweis: Bei unseren Videos und Beiträgen handelt es sich nicht um steuerliche Beratung. Auch erheben unsere Videos und Beiträge keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir formulieren hier einfach und verständlich, daher erheben wir auch keinen Anspruch auf steuerrechtlich vollkommen korrekte Begrifflichkeiten. Für steuerliche Beratung wendet euch bitte an euren Steuerberater.
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