Wir hatten es bereits angekündigt und heute gehen wir es endlich an - wie könnt ihr eure Kosten für das Studium oder eine Ausbildung steuerlich geltend machen?
Warum streiten sich alle darum, ob die Kosten Werbungskosten sind oder nicht?
Was passiert mit euren Kosten, wenn ihr noch gar kein Geld verdient?
Fragen über Fragen, denen wir heute auf den Grund gehen.
Das große Duell: Sonderausgaben vs. Werbungskosten
Wir sprechen zur Vereinfachung hier jetzt immer von "Studienkosten".
Das Ganze lässt sich aber auch auf andere Ausbildungsformen übertragen, die außerhalb eines Dienstverhältnisses stattfinden.
Um zu wissen, wie und wann eure Kosten steuerlich geltend gemacht werden können, müsst ihr zuerst herausfinden, ob sie als Sonderausgaben oder als Werbungskosten qualifiziert werden.
Zu den allgemeinen Sonderausgaben haben wir euch im Video zum Mantelbogen schon mal was erzählt, zu den Werbungskosten im Video zur Anlage N.
Also, wann sind die Studienkosten Sonderausgaben, wann Werbungskosten?
Wichtiger Nebenschauplatz: Erstausbildung vs. Zweitausbildung
Grundsätzlich gilt hier, dass Kosten für eure Erstausbildung (bzw. Erststudium) zu den Sonderausgaben zählen.
Kosten für eine weitere Ausbildung (bzw. Studium) nach Abschluss der Erstausbildung - dann auch Zweitausbildung genannt - gehören grundsätzlich zu den Werbungskosten, sofern sie mit eurem (zukünftigen) Job in Verbindung steht.
Wer sich jetzt fragt, warum das so ist, den müssen wir leider enttäuschen:
Hier greift der neben "Es kommt drauf an" wohl zweitliebste Satz im Steuerrecht: Weil es so im Gesetz steht. Gerechtigkeit hin oder her.
Kosten für die eigene Erstausbildung werden sozusagen als privat veranlasst angesehen und landen daher im großen Mischmasch-Topf der Sonderausgaben.
Damit ihr aber jetzt auch eine Vorstellung davon bekommt, was eine Erstausbildung und was eine Zweitausbildung in der Praxis ist, hier ein Beispielszenario:
Ihr macht Abitur und entscheidet euch danach ohne Umwege ein klassisches Vollzeit-Bachelorstudium aufzunehmen.
Das ist eine ganz klassische Erstausbildung, also sind die Kosten hierfür bei den Sonderausgaben einzusortieren.
Mit dem Bachelor-Abschluss könntet ihr schon in euren Job starten, entscheidet euch aber noch einen Master-Studiengang dranzuhängen.
Da ihr schon ein Studium abgeschlossen habt, ist dieses Master-Studium dann eine Zweitausbildung und verursacht damit Werbungskosten.
Hier ein kleiner Hinweis:
Es gibt sogenannte konsekutive Master-Studiengänge, die als Teil der Erstausbildung angesehen werden können.
Diese Master-Studiengänge sind dann in der Regel sehr fest mit dem Bachelor-Studiengang verbunden, auf das vorige Bachelor-Studium abgestimmt und häufig notwendig, um in den gewünschten Beruf starten zu können.
Bei diesen Studiengängen kann es also auch im Master dazu kommen, dass die Kosten als Sonderausgaben gewertet werden.
An bestimmten Kriterien könnt ihr eine für diese Zwecke anerkannte Erstausbildung erkennen:
1. Geordneter Ablauf
Hiermit ist gemeint, dass es eine Art Struktur oder Programm durch einen Bildungsträger in der Ausbildung geben muss.
2. Mindestdauer von 12 Monaten
3. Vollzeit = mindestens 20 Stunden pro Woche
4. Abschlussprüfung
Es gibt auch Konstellationen, in denen eine Abschlussprüfung nicht zwingend notwendig ist, nämlich dann, wenn nach dem offiziellen Ausbildungsplan keine Abschlussprüfung vorgesehen ist. Das ist jedoch eher selten der Fall.
Was wenn ich nicht studiere, sondern eine Berufsausbildung mache und schon arbeite?
Eine Ausnahme bildet die ganz "klassische Lehre", wenn ihr also zur Berufsschule geht und gleichzeitig schon in einem Betrieb arbeitet.
Das nennt sich "Ausbildung im Rahmen eines Dienstverhältnisses" und hier gelten eure Kosten für die Ausbildung auch dann als Werbungskosten, wenn es eure erste Ausbildung ist.
Warum ist das alles denn überhaupt so ein Problem?
Die Unterscheidung zwischen Erst- und Zweitausbildung ist in manchen Fällen gar nicht so leicht.
Gerade da immer mehr neue Ausbildungsformen auf den Markt kommen, wird es immer wieder mal Fälle geben, in denen ihr euch nicht so schnell mit dem Finanzamt einig werdet.
Jetzt fragt ihr euch sicher, was euch das denn am Ende interessieren soll, solange ihr die Kosten absetzen könnt, ist doch alles gut.
Jein.
Das liegt an den Unterschieden in der Abziehbarkeit der Sonderausgaben und Werbungskosten.
Kosten für die eigene Erstausbildung können als Sonderausgaben bis maximal 6.000 € pro Jahr geltend gemacht werden.
Werbungskosten dagegen haben keine Obergrenze, können also theoretisch in unbegrenzter Höhe abgesetzt werden.
Viel wichtiger aber sind die Unterschiede in der "zeitlichen Abziehbarkeit".
Sonderausgaben können immer nur in dem Jahr, in dem sie angefallen sind, abgezogen werden.
Werbungskosten können als Verluste vorgetragen werden.
Damit ihr den Unterschied und seine Auswirkungen nachvollziehen könnt, hier ein Beispiel:
Ihr studiert Vollzeit einen Bachelor-Studiengang und befindet euch damit in eurer Erstausbildung.
Ihr geht nicht nebenher arbeiten und habt deshalb keine Einkünfte.
Ihr werdet nächstes Jahr euer Studium abschließen und anfangen angestellt zu arbeiten.
Die Kosten, die euch für euer Studium im letzten Kalenderjahr entstanden sind, lagen bei
5.000 €.
Die 5.000 € könnt ihr in der Steuererklärung für das letzte Jahr als Sonderausgaben absetzen.
Da ihr aber keine Einkünfte und damit ein zu versteuerndes Einkommen von 0 € hattet, ändern die Sonderausgaben nichts an eurer Steuerlast von eh schon 0 €.
Die 5.000 € verpuffen, da sie sich nur auf das letzte Jahr auswirken.
Gleiches Szenario, aber diesmal befindet ihr euch im Master-Studium und damit in eurer Zweitausbildung.
Die 5.000 € könnt ihr in der Steuererklärung für das letzte Jahr als Werbungskosen absetzen.
Die Werbungskosten ändern für das letzte Jahr auch nichts an eurer Steuerlast von eh schon
0 €.
Aber sie werden als Verlust festgestellt und vorgetragen.
Sobald ihr anfangt zu arbeiten, werden euch diese Werbungskosten von den Einkünften aus eurer Angestelltentätigkeit abgezogen.
Damit verringert sich die Steuerlast in dem Jahr, in dem ihr anfangt zu arbeiten.
Diese Werbungskosten nennt man dann übrigens "vorweggenommene Werbungskosten".
Die werden wie auch die normalen Werbungskosten in der Anlage N eingetragen, auch wenn die Einnahmenseite in der Anlage N dann leer bleibt, weil ihr in den Jahren, in denen die Kosten anfallen, noch kein Gehalt bekommt. Selbstverständlich funktioniert das ganze Spiel auch, wenn ihr zwar gearbeitet habt, aber eure Kosten höher als euer Lohn waren.
Dann bekommt ihr nach Abgabe eurer Einkommensteuererklärung nicht nur einen Bescheid für die Einkommensteuer wie sonst, sondern auch noch einen sogenannten Verlustfeststellungsbescheid, in dem die aufgelaufenen Verluste festgehalten werden.
Schön und gut, aber was kann ich denn überhaupt als Kosten ansetzen?
Hier können wir euch nochmal das Video zur Anlage N empfehlen, in dem wir schon ganz viel dazu erklärt haben, was man so als Werbungskosten ansetzen kann.
Eine wichtige Info, die ihr dazu aber noch braucht:
Die erste Tätigkeitsstätte gibt es nicht nur im Job, sondern auch im Studium.
Wenn ihr Vollzeit studiert, liegt eure erste Tätigkeitsstätte in der Regel in der Uni.
Ihr müsst dann also bei allem, was mit der ersten Tätigkeitsstätte zu tun hat, von eurer Uni ausgehen.
Natürlich gibt es beim Studium auch noch zusätzliche Kosten, die beim Job später so vermutlich eher nicht anfallen.
Dazu zählen logischerweise die Studiengebühren.
Aber auch Kosten wie Fahrtkosten oder Verpflegungsmehraufwendungen für Lerngruppen kann man ansetzen.
Hier ist es aber wichtig wirklich sauber und ordentlich zu dokumentieren, da das Finanzamt diese Kosten sonst häufig nicht anerkennt.
Das heißt ihr solltet bei euren Treffen eine Anwesenheitsliste führen, in der festgehalten wird, wann, wo und mit wem das Treffen zu welchem Thema stattgefunden hat.
Die solltet ihr dann auch alle unterschreiben.
Auch die Kosten für das Binden eurer Abschlussarbeit sind absetzbar.
Selbstverständlich könnt ihr auch die ganzen bereits in unserem Video zu Anlage N erklärten Werbungskosten, wie Laptop, Blöcke, Fachbücher etc. ansetzen.
Und jetzt wisst ihr, warum die Werbungskosten der King of the Ring sind ;)
Hinweis: Bei unseren Videos und Beiträgen handelt es sich nicht um steuerliche Beratung. Auch erheben unsere Videos und Beiträge keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir formulieren hier einfach und verständlich, daher erheben wir auch keinen Anspruch auf steuerrechtlich vollkommen korrekte Begrifflichkeiten. Für steuerliche Beratung wendet euch bitte an euren Steuerberater.
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