Viele wollen gerne als Freelancer in ihre Selbstständigkeit starten.
Gerade dann, wenn ihr schon ein Unternehmen habt, was gerne mit euch zusammenarbeiten möchte und euch direkt ein ordentliches Auftragsvolumen beschert, klingt das natürlich super attraktiv.
Es gibt sogar Unternehmen, die ihre Auftragnehmer aktiv auffordern, ein Gewerbe anzumelden und als Freelancer für die zu arbeiten.
Das ist auch gar nicht verwunderlich, ist für euch aber gar nicht mal so gut.
Deshalb gibt es Gesetze, die in bestimmten Fällen verhindern, dass diese Form der “Selbstständigkeit” auch wirklich als solche anerkannt wird.
Stattdessen wird man in diesen Fällen behandelt wie ein Angestellter.
Und das hat weitreichende Folgen.
Aber erst mal dazu, wann eine Scheinselbstständigkeit vorliegt.
Das Wort verrät schon ein bisschen, worauf abgezielt wird – ist es eine echte Selbstständigkeit oder nur eine dem Schein nach?
Ist die Beziehung zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber also eine, die aussieht wie Dienstleister und Kunde oder eher wie Arbeitnehmer und Arbeitgeber?
Darunter kann man sich jetzt schon ein bisschen mehr vorstellen, aber es gibt ganz konkrete Anhaltspunkte, die man sich anschaut, um zu beurteilen, ob jemand scheinselbstständig ist.
So ziemlich am wichtigsten ist die wirtschaftliche Abhängigkeit.
Habt ihr nur einen einzigen Kunden und macht mit dem all euren Umsatz, sollten bei euch alle Alarmglocken losgehen.
Denn auch wenn das nicht zwingend zur Scheinselbstständigkeit führt, ist diese Abhängigkeit ein ganz wesentliches Merkmal eines Arbeitsverhältnisses.
Habt ihr dagegen viele Kunden und alle haben einen Anteil an eurem Umsatz, dann seid ihr eher auf der sicheren Seite.
Ein anderer ganz wesentliche Punkt ist, wo ihr für euren Kunden arbeitet.
Seid ihr beim Kunden vor Ort, habt vielleicht sogar ein eigenes Büro und teilt euch die Räume mit Angestellten, dann ist auch das eher schwierig.
Könnt ihr auch ortsunabhängig arbeiten, habt eigene Räumlichkeiten und seid nicht dauerhaft und jeden Tag beim Kunden vor Ort, spricht auch das eher für eine echte Selbstständigkeit.
Dasselbe gilt auch für die Arbeitszeiten, sowohl was die Tage als auch die Uhrzeiten angeht.
Sind euch die vorgeschrieben, ist das auch eher untypisch für ein Dienstleister-Kunden-Verhältnis, denn als Selbstständiger arbeitet man ja zwar meistens selbst und ständig, aber eben dann, wann man es sich selbst einplant.
Außerdem ist auch wichtig, ob ihr wie ein Kollege in die internen Unternehmensabläufe eures Kunden eingebaut seid.
Diese Punkte haben mit der Frage zu tun, ob ihr weisungsgebunden seid.
Also ob ihr auf Jemanden wie auf einen Chef “hören müsst” oder ob ihr frei mit eurem Kunden Konditionen aushandelt und eigenverantwortlich arbeitet.
Außerdem ist es auch nicht so gut, wenn ihr feste Bezüge bekommt, also jeden Monat denselben Betrag.
Solltet ihr selbst Mitarbeiter beschäftigen, spricht das dagegen aber eher für eine echte Selbstständigkeit.
Wenn ihr jetzt im Wesentlichen für einen Kunden arbeitet und im Worst Case auch noch zu vorgeschriebenen Zeiten beim Kunden vor Ort und dafür monatlich einen fixen Betrag erhaltet, wird euch das Thema Scheinselbstständigkeit also vermutlich betreffen.
Jetzt fragt ihr euch vielleicht, wieso Unternehmen das denn so machen sollten.
Naja, dafür gibt es eine ganze Palette an Gründen.
Um nur mal ein paar zu nennen:
Mitarbeiter muss man kündigen, um sie loszuwerden und das ist durch Kündigungsschutz nicht immer so einfach möglich.
Mitarbeiter muss man auch im Urlaub oder bei Ausfällen bezahlen und auch dann, wenn es gerade zu wenig zu tun gibt.
Mitarbeiter wollen einen Arbeitsplatz und Equipment gestellt bekommen, statt das selbst mitzubringen.
Mitarbeitergehälter sind teurer. Denn Arbeitgeber müssen für ihre Mitarbeiter nicht nur das Bruttogehalt aufbringen, sondern zusätzlich auch noch die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung übernehmen. Und das ist echt nicht wenig. Alleine für die müsst ihr aufs Bruttogehalt noch mal 20 % draufschlagen, bei Minijobbern sogar ca. 30 %.
Und dann werden außerdem auch noch einige betriebliche Versicherungen teurer, wenn man mehr Mitarbeiter im Unternehmen hat.
Ihr seht also, dass bei Unternehmen durchaus Interesse daran bestehen könnte, mit Freelancern statt Angestellten zu arbeiten.
Deshalb gibt es auch immer wieder Unternehmen, die Leute dazu drängen, sich als Freelancer selbstständig zu machen.
Viele steigen darauf ein, ohne zu wissen, was das für sie bedeutet und die Unternehmen freuen sich.
Dadurch, dass sich das Unternehmen die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung spart, müsst ihr die nämlich dann selbst tragen.
Zwar müsst ihr als Selbstständiger bis jetzt nicht verpflichtend Altersvorsorgebeiträge in die Rentenversicherung einzahlen, aber krankenversichern müsst ihr euch ja schon.
Und irgendwie fürs Alter vorsorgen wäre vermutlich auch nicht schlecht.
Das müsst ihr dann alles aus eigener Tasche tun.
Zusätzlich habt ihr bürokratischen Aufwand durch Rechnungsschreibung, GoBD, Buchhaltung, Aufbewahrungspflichten, Abschlüsse, Steuererklärungen und und und.
Und hey, wir finden es super, wenn ihr gründen wollt und davon sollte man sich nicht wegen der Bürokratie abhalten lassen.
Aber sich diese Kosten und diesen Aufwand aufbürden für etwas, was mit Selbstständigkeit am Ende dann wenig zu tun hat, ist einfach ein sehr schlechter Deal für euch.
Außerdem findet die Deutsche Rentenversicherung es wirklich nicht witzig, wenn Beiträge, die ihr für ein eigentlich in Wirklichkeit bestehendes Arbeitsverhältnis zustehen, nicht gezahlt werden.
Denn das belastet natürlich das System und deshalb wird das auch geprüft.
Die Scheinselbstständigkeit fällt oft erst nach Jahren bei Betriebsprüfungen oder sogenannten Rentenversicherungsprüfungen auf.
Theoretisch kann eine Prüfung aber auch durch Auftragnehmer oder Auftraggeber angestoßen oder sogar aufgrund einer Anzeige von außen in die Wege geleitet werden.
Und dann wird es so richtig ungemütlich.
Denn ihr könnt euch vorstellen, dass bei einer Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen für mehrere Jahre ganz schön was zusammenkommt.
Vor allem, weil natürlich auch noch Säumniszuschläge verlangt werden.
Die SV-Beiträge muss zwar der dann Arbeitgeber zahlen, kann aber bis zu 3 Monate rückwirkend die Arbeitnehmerbeiträge einfordern.
Damit ist aber noch nicht Schluss.
Es kann nämlich auch steuerlich noch Einiges passieren.
Es muss in der Regel auch noch Lohnsteuer nachgezahlt werden.
Das ist meistens finanziell nicht ganz soo schlimm, weil Selbständige ja auch Einkommensteuer zahlen müssen und die natürlich angerechnet wird.
Die Lohnsteuer ist ja im Prinzip nichts Anderes als eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer.
Was aber für den dann Arbeitnehmer auch ganz schön mies ist, ist aber der Aufwand, den das mit sich bringt.
Denn sowas für viele Jahre rückabwickeln ist kein Spaß.
Vor allem, weil es bei Gewerbetreibenden ja neben der Einkommensteuer auch noch die Gewerbesteuer gibt.
Und wenn der dann Arbeitnehmer auch noch umsatzsteuerlich als Angestellter gilt, muss auch die Umsatzsteuer komplett rückabgewickelt werden.
Wenn ihr Umsatzsteuer auf euren Rechnungen ausgewiesen und abgeführt habt, dann kann das richtig, richtig teuer werden.
Denn diese ausgewiesene und abgeführte Umsatzsteuer bekommt ihr nicht zurück, da auch zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer an das Finanzamt zu zahlen ist.
Die Vorsteuer, die ihr euch aber vom Finanzamt habt erstatten lassen, hättet ihr euch nie holen dürfen.
Das heißt die muss zurückgezahlt werden – das kann dann auch finanziell so richtig weh tun.
Und auch für den Auftraggeber, jetzt Arbeitgeber, ist das richtig teuer.
Denn die in euren Rechnungen an ihn zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer, darf er nicht als Vorsteuer geltend machen und muss sie deshalb zurückzahlen.
Und mal ganz abgesehen von all dem kann das Ganze auch noch strafbar sein.
Aber bevor ihr jetzt panisch werdet, wollen wir euch natürlich auch noch verraten, wie ihr herausfindet, ob ihr scheinselbstständig seid beziehungsweise wenn ihr mit Freelancern arbeitet, ob die scheinselbstständig sind.
Denn wie ihr gerade schon festgestellt habt, ist das für keine von beiden Seiten lustig.
Es gibt dafür ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren von der Deutschen Rentenversicherung.
Die beantragt ihr in der Position als Freelancer am besten direkt zu Beginn eurer Selbständigkeit, denn wenn ihr damit wartet, kann euch das auch wieder Stöcke zwischen die Beine werfen.
Die Deutsche Rentenversicherung prüft dann, ob ihr scheinselbstständig seid oder nicht und teilt euch das dann mit.
Mit so einer Feststellung könnt ihr natürlich auch einem Auftraggeber zeigen, dass ihr euch um das Thema gekümmert habt und “keine Gefahr” seid.
In der Rolle als Auftraggeber kann es sinnvoll sein, sich auch darum zu kümmern, das Thema bei Freelancern, mit denen man arbeitet, abzuklären.
Und im Zweifel können auch Auftraggeber das Ganze offiziell von der Deutschen Rentenversicherung prüfen lassen.
Mehr dazu könnt ihr auch hier auf der Seite der Deutschen Rentenversicherung nachlesen, wo ihr auch das Statusfeststellungsverfahren anstoßen könnt.
Hinweis: Bei unseren Videos und Beiträgen handelt es sich nicht um steuerliche Beratung. Auch erheben unsere Videos und Beiträge keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir formulieren hier einfach und verständlich, daher erheben wir auch keinen Anspruch auf steuerrechtlich vollkommen korrekte Begrifflichkeiten. Für steuerliche Beratung wendet euch bitte an euren Steuerberater.
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